London und der „Roman Temple of Mithras“
Shownotes
Tief unter Londons Straßen liegt ein Tempel, den viele übersehen – der Temple of Mithras. Vor fast 1.800 Jahren errichtet, war er Schauplatz geheimer Rituale eines römischen Kults. Entdeckt wurde er 1954 eher zufällig bei Bauarbeiten – und löste eine der größten archäologischen Sensationen der Stadt aus.
In dieser Folge von Off The Path Daily nehmen wir dich mit von den Anfängen Londiniums über die spektakuläre Ausgrabung bis zur heutigen Präsentation im Herzen des Finanzviertels. Ein Stück Rom, mitten in London.
Transkript anzeigen
00:00:00: Heute geht es in ein anderes London.
00:00:02: Nicht das moderne, mit Glasfassaden verziertes London, sondern in das alte, das römische London.
00:00:09: Willkommen beim Of The Path Daily Podcast.
00:00:12: Ich bin Sebastian Kanabis und dein Guide für tägliche Abenteuer zu unbekannten Orden.
00:00:16: und mitten in der City of London, die sehr bekannte City of London, mitten im Finanzviertel, wo sich unter den Füßen der Passanten ein Tempel auf der Zeit des römischen Reiches verbirgt.
00:00:27: Der Temple of Mitras.
00:00:30: Mitten zwischen den hochmodernen Bürotürmen am Bloomberg European Headwaters, kaum einen Steinwurf von der Bank of England entfernt, führt eine Treppe hinunter in eine andere Zeit.
00:00:41: Hier, mehrere Meter unter Straßenniveau, liegen die Überreste eines römischen Mieträums.
00:00:48: Eines Tempels, der vor fast tausend achthundert Jahren erbaut wurde, um den Gott Mietras zu verehrt.
00:00:55: Mitras war eine Gottheit, deren Kult sich im ersten bis vierten Jahrhundert nach Christus im Römischen Reich entwickelte, inspiriert von persischen und hellenistischen Vorstellungen.
00:01:05: Besonders bei Soldaten, Händlern und Beamten erfreute er sich über große Beliebtheit.
00:01:11: Er verbreitete sich entlang der Handels- und Militärstraßen des Reiches oft bis an dessen äußere Grenzen.
00:01:18: Der Kult war geheimnisvoll und exklusiv.
00:01:20: Nur Männer waren zugelassen, Rituale fanden in unterirdischen Tempeln statt, die bewusst höhlenartig gebaut waren, als Erinnerung an die mythische Höhle in der Mitras der Überlieferung nach den heiligen Stier erlegte.
00:01:33: Im Zentrum jedes Mieträums stand die Tauroktonie.
00:01:37: Diese zeigt Mitras, der einen Stier tötet, flankiert von Tieren wie Hund, Schlange, Skorpion und Rab.
00:01:44: Was auf den ersten Blick wie eine Opferdarstellung wirkt, ist für einige Forscher zudem eine komplexe Sternkarte.
00:01:51: Jede Figur, jedes Detail symbolisiert Sternbilder.
00:01:54: Ein Hinweis auf die starke Verbindung des Mietrakults zur Astronomie und zum Lauf der Gestirne.
00:02:00: Der Londoner Tempel wurde um das Jahr zweihundertvierzig nach Christus errichtet, als Londinium eine blühende Handelstadt mit bis zu dreißigtausend Einwohnern war.
00:02:10: Er stand damals am Ufer des Wellbrook, eines kleinen Flusses, der frisches Wasser brachte, aber auch eine abgeschiedene Lage für rituelle Handlungen.
00:02:20: Hier trafen sich Anhänger zu geheimen Einweihungsritualen, bei denen sie durch sieben Ränge aufstiegen.
00:02:25: beginnend als Chorax, was Rabe bedeutet, über den Rang des Nymphos, also der Braut, weiter als Miles, der Soldat und Leo, der Löwe bis hin zu Persis, Heliodromus und schließlich Pater, dem Vater der Gemeinschaft.
00:02:42: Diese Rangfolge ist durch Inschriften und Funde belegt, auch wenn über die konkreten Rituale nur wenig bekannt ist.
00:02:49: Mit der Christianisierung empfiert ein Jahrhundert Verlor der Mithraskult an Bedeutung und der Tempel verviel.
00:02:55: Über Jahrhunderte verschwand er unter Schichten neuer Bebauungen.
00:03:00: Erst in der Mitte von der Zeit kam er wieder ans Licht, als Bauarbeiter hier Fundamente für ein neues Bürogebäude ausheben wollten.
00:03:08: Die Entdeckung löste eine beispiellose Welle der Begreisung aus.
00:03:13: Den ersten Tagen strömten bis zu dreißigtausend Menschen zur Baustelle, um einen Blick auf das römische London zu erhaschen.
00:03:20: Archäologen legten nicht nur die Mauern des Tempels frei, sondern auch Statuen von Mitras, Merkur, Minerva, Münzen, Öllampen und Fragmente des Taurog-Turnier-Reliefs.
00:03:30: An dieser Stelle machen wir jetzt einmal eine kurze Pause.
00:03:33: Und gleich erzähle ich dir, wie der Tempel nach seiner spektakulären Entdeckung ein zweites Leben bekam.
00:03:38: Also bleib unbedingt dran und vielen Dank, dass du dir auch die Werbung unserer Partner anhörst, die uns das Ganze hier überhaupt ermöglichen.
00:03:46: Die Nachkriegszeit brachte auch Kompromisse.
00:03:49: Um dem Bau nicht zu verzögern, wurden die Überreste abgetragen und hundert Meter entfernt oberirdisch wieder aufgebaut.
00:03:56: Besucher konnten sie sehen, aber der Zauber war natürlich weg.
00:04:00: Tageslicht, Straßenlärm und fehlender Kontext nahmen der Städte ihre Wirkung.
00:04:05: Erst im Jahr Jahrzehnte, als das Bloomberg-Haukquartier hier geplant wurde, bekam der Tempel seine Chance zurück.
00:04:11: In enger Zusammenarbeit mit Archäologen wurde er wieder an den Originalstandort versetzt.
00:04:16: Diesmal drei Stockwerke unter der Erde.
00:04:19: so nah wie möglich an der ursprünglichen Lage.
00:04:22: In den letzten Jahren öffnete der London Mitreum erneut seine Tocher.
00:04:26: Nun als Mischung aus Museum, archäologischer Städte und atmosphärischer Installation.
00:04:32: Heute steigt so eine Treppe hinunter und mit jedem Schritt wird es dunkler und stiller.
00:04:37: Eine dezente Lichtführung legt den Blick auf die Mauern aus Kalkstein und Ziegeln frei.
00:04:42: Aus versteckten Lautsprechern kommen leise Geräusche.
00:04:45: Das Tropfen von Wasser, ein fernes Murmeln, knisterndes Feuer.
00:04:50: Es ist, als würdest du mitten in einer Zeremonie des dritten Jahrhunderts hineinplatzen.
00:04:54: Vor den Mauern erzählen Glasvitrinen von Londoniniums römischen Alltag.
00:04:59: Fein gearbeitetes Glaskälche, Tonscherben, Münzen und Alltagsgegenstände.
00:05:05: Besonders eindrucksvoll sind diese kleinen Öllampen, deren Ruhspuren dir zeigen, dass dieser Raum einst nur im Schein flackender Flammen erhält wurde.
00:05:15: Der Kontrast könnte größer kaum sein.
00:05:17: Oben das Herz des Londoner Finanzviertels mit Anzugträgern und E-Mails im Minutentakt unten ein Ort, an dem Zeit fast stehen geblieben ist.
00:05:26: Ein Besuch im Metrium ist nicht nur eine Reise in londonsrömische Vergangenheit, sondern auch eine Erinnerung daran, dass diese Stadt auf Schichten von Geschichten besteht.
00:05:36: Wer mag, kann den Besuch mit einem Rundgang zu anderen römischen Überresten verbinden.
00:05:41: Etwa zur London Wall, einem Teil der alten Stadtmauer.
00:05:45: oder zum römischen Amphitheater unter der Guildhall Art Gallery.
00:05:49: Gerade zur Weihnachtszeit ist das Mithrium ein perfekter Rückzugsort.
00:05:52: Draußen glitzt an die Lichter der Oxford Street.
00:05:55: Drinnen stehst du zwischen Mauern, die fast zwei Jahrtausende überdauert haben.
00:05:59: Und vielleicht stellst du dir vor, wie ein römischer Händler nach einem kalten Markttag über den Wildbrook kam.
00:06:06: Die steinenden Stufen hinabstieg und hier in der Dämmerung das Stieropferbild betrachtete.
00:06:11: Ein Ritual, das ihm Halt gab in einer Zeit voller Unsicherheiten.
00:06:16: Der Eintritt ist kostenlos, aber die Plätze sind begrenzt.
00:06:19: Eine Online-Reservierung ist daher wirklich pflicht.
00:06:21: Planer etwa um den Tempel in Ruhe zu erkunden, die Funde zu sehen und den Raum auf dich wirken zu lassen.
00:06:29: Wenn du wieder hinaufsteigst in Tageslicht weißt du, unter Londonstraßen liegt eine zweite Stadt und manchmal erzählen ihre Mauern mehr Geschichten als die Schaufenster darüber.
00:06:40: Kanntest du diesen Ort?
00:06:41: Hinterlasst doch gerne ein Kommentar da, wo es möglich ist und vergiss nicht dem Podcast zu abonnieren, falls du so nicht gemacht haben solltest, denn dann hören wir uns gerne morgen wieder.
00:06:49: Bis dann!
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