Escadaria Selarón - Das bunte Tagebuch von Rio de Janeiro

Shownotes

Zwischen zwei Vierteln von Rio de Janeiro zieht sich eine Treppe wie ein Band aus Farben den Hügel hinauf. Für viele ist sie ein beliebtes Fotomotiv – doch hinter den leuchtenden Stufen verbirgt sich eine Geschichte, die weit über bunte Keramik hinausgeht.

In dieser Folge erfährst du, wie ein unscheinbarer Aufgang zu einem Kunstwerk von weltweiter Bedeutung wurde, welche rätselhaften Details sich darin verstecken und warum dieser Ort für die Menschen vor Ort mehr ist als nur ein touristischer Zwischenstopp. Eine Reise zu einem Werk, das bis heute wächst – und Spuren hinterlässt, bei jedem, der es betritt.

Transkript anzeigen

00:00:00: Wusstest du, dass eine der berühmtesten Treppen der Welt ursprünglich nur ein paar kaputte Stufen vor einem einfachen Haus in Rio de Janeiro waren?

00:00:08: Zwischen den alten Vierteln Santa Teresa und La Paz schiebt sich eine Treppe den Hügel hinauf wie ein Band aus Farben.

00:00:15: Geld, grün, blau, die Farben, Brasiliens blitzen in der Sonne, dazwischen tausende Muster aus aller Welt.

00:00:22: Gitarrenklänge und Trommeln hallen aus den Bars.

00:00:24: Der Duft von Street Food mischt sich mit dem Geruch frischer Farbe.

00:00:28: und Touristen fotografieren, lachen und posieren.

00:00:31: Und doch ahnen die wenigsten, dass jede dieser zweihundertfünfzehn Stufen Teil eines unvollendenden Lebenswerks ist.

00:00:38: Ein Werk, das Geschichten aus mehr als sechszig Ländern erzählt und das tragische Vermächtnis eines Mannes, der bis zu seinem letzten Tag an dieser Treppe arbeitete.

00:00:49: Willkommen beim Off the Path Daily Podcast.

00:00:52: Ich bin Sebastian Kanakis und heute nehme ich dich mit auf eine Reise zu einer Treppe, die mehr ist als nur ein Fotosport.

00:00:58: Wir entdecken, wie aus brockelten Stufen ein internationales Kunstwerk wurde, welche geheimnisvolle Motive sich zwischen den Kacheln verstecken und warum diese Treppe für viele in Rio ein Ort der Begegnung und Erinnerung ist.

00:01:12: Das beginnt alles, als Jorge Celarón, ein chilenischer Maler und ehemaliger Porträtkünstler in Rio lebte.

00:01:21: Er wohnte in Armut direkt an dieser Treppe.

00:01:24: Sie ist bröckelig, grau und für die meisten nur ein unscheinbarer Aufgang zwischen zwei Vierteln.

00:01:30: Santa Teresa, das höhergelegene Viertel ist bekannt für seine alten Willen, Kopfsteinpflaster und Künstlerateliers.

00:01:38: Lapaingegen pulsiert, Samba-Clubs, Straßencafés, das Leben bis tief in die Nacht.

00:01:44: Die Treppe ist eine Verbindung zwischen diesen beiden Welten, aber niemand schenkt ihr besonders Beachtung.

00:01:51: Celadon beginnt, ein paar Stufen vor seinem Haus mit bunten Kacheln zu verkleiden, nicht aus einem Plan heraus, sondern aus dem Wunschstein zu Hause zu verschönern.

00:02:01: Das Material stammt von Flomärkten, Baustellenresten, weggeworfenen Keramikstücken.

00:02:07: Anfangs wirkt es wie ein kleines Nachbarschaftsprojekt, doch die leuchtenden Farben ziehen bald neugierige Blicke ran.

00:02:14: Mit der Zeit entwickelt sich daraus etwas, das Celadon selbst mein größtes und verrücktes Werk nennt.

00:02:20: Er arbeitet ohne Bauplan, lässt sich von den Mustern und Farben inspirieren, die er gerade so zur Hand hat.

00:02:26: Besucher aus aller Welt sehen ihm zu, wie er Stück für Stück kacheln setzt.

00:02:30: Einige beginnen ihm, Fliesen aus ihren Heimatländern mitzubringen.

00:02:34: Andere schicken sie per Post.

00:02:36: So entsteht langsam ein Mosaik, das heute über zweitausend Kacheln umfasst, mit Motiven aus mehr als sechzig Ländern.

00:02:43: Statt Wappen aus Europa, Comicfiguren aus Nordamerika, filigrane Ornamente aus Asien, Handbemaltekiramik aus Afrika.

00:02:50: Jede Kachel ist ein kleines Fenster in einer anderen Welt.

00:02:55: Zwischen all den internationalen Bildern taucht immer wieder ein Motiv auf, das Rätsel aufgibt.

00:03:00: Das Autré einer schwangeren Frau.

00:03:03: Mal ist es kräftig und farbenfroh, mal schlichtgezeichnet.

00:03:07: Céline Sprach nie offen über seine Bedeutung.

00:03:11: Manche vermuten, es sei eine verlorene Liebe aus seiner Vergangenheit.

00:03:15: Andere glauben, es sei eine symbolische Mutterfigur für seine neue Heimat Brasilien.

00:03:21: Er selbst nannte es nur ein Problem aus meiner Vergangenheit und ließ die Deutung bewusst offen.

00:03:29: Die Escalaria war für ihn ein lebendiges Kunstwerk.

00:03:32: Er tauschte Kacheln aus, wenn sie beschädigt wurden, fügte Neue hinzu, malte manche sogar selbst um.

00:03:38: Dieses Werk wird niemals fertig sein, sagt er einmal.

00:03:42: Jeder Tag brachte eine kleine Veränderung.

00:03:44: Manchmal kaum sichtbar, manchmal ganze Stufen neu gestaltet.

00:03:49: Für die Nachbarschaft wurde die Treppe mehr als nur ein Kunstprojekt.

00:03:52: Sie war ein Treffbord.

00:03:54: Kinder spielten auf den unteren Stufen.

00:03:56: Musiker setzten sich hin, um Gitarre oder Trommel zu spielen.

00:04:00: Straßenhändler stellten sich an den Rand, um frischen Saft oder Geröstinüsse zu verkaufen.

00:04:05: Und an manchen Abenden nutzten Tänzer die breiten Absätze, um samba zu tanzen, vor der Kulisse der leuchtenden Farben.

00:04:13: Bevor wir zu einer Wendung kommen, die die Treppe für immer verändern sollte, gibt es eine kurze Werbepause.

00:04:18: Bleibt unbedingt dran, das bleibt nämlich ziemlich spannend.

00:04:24: Am zehnten Januar, endete Celadon's Leben so dramatisch wie geheimnisvoll.

00:04:30: Man findet ihn tot auf den Stufen seines Werks, in der Nähe des Porträts der schwangeren Frau.

00:04:35: Die Umstände sind bis heute ungeklärt.

00:04:38: War es Suizid?

00:04:40: Ein Verbrechen?

00:04:41: Die Ermittlungen konnten es nie eindeutig klären.

00:04:44: Sicher ist nur, bis zu seinem letzten Tag arbeitete er an der Treppe.

00:04:49: Seitdem ist sie nicht nur ein Kunstprojekt, sondern auch eine Gedenkstätte.

00:04:53: Neben den Kacheln liegen heute Blumen, Kerzen, persönliche Botschaften und manchmal neue Kacheln, die Menschen aus aller Welt ihm zu Ehren mitbringen.

00:05:03: Die Treppe hat längst ihren Platz in der Popkultur gefunden.

00:05:06: Sie ist Kulisse in Musikvideos von Snoop Dogg und Pharrell oder U-Two.

00:05:11: Sie erscheint in Reise-Reportagen auf Postkarten und in Kunstbüchern.

00:05:15: Doch diese mediale Präsenz ist nur ein Teil ihrer Bedeutung.

00:05:19: Für viele in Rio ist sie ein Symbol für Kreativität, für Gemeinschaft und für die Fähigkeit, selbst aus einfachsten Mitteln etwas Weltbekanntes zu schaffen.

00:05:29: Und gleichzeitig ist sie auch ein Mahnmal gegen Vergessen.

00:05:32: Celadon's Geschichte erinnert daran, wie sehr Kunst mit dem Leben des Künstlers verwoben sein kann, bis zu dem Punkt, an dem man das eine nicht mehr vom anderen trennen kann.

00:05:42: Jeder Schritt auf dieser Treppe ist auch ein Schritt durch sein Leben.

00:05:46: Von den ersten improvisierten Kacheln bis zu den letzten Handgriffen vor seinem Tod.

00:05:51: Wenn du die Stufe nicht aufgehst, merkst du schnell, keine gleiche anderen.

00:05:56: Manche sind perfekt bemalt, andere tragen Gebrauchsspuren.

00:05:59: Risse, abgeplatzte Ecken, kleine Unregelmäßigkeiten, die ihre eigene Geschichte erzählen.

00:06:05: Und oben angekommen blickst du nicht nur auf ein Meer aus Farben, sondern auf ein Werk, das aus Leidenschaft, Gemeinschaft und einer unerschütterlichen Hingabe entstanden ist.

00:06:14: Und vielleicht, wenn du wieder hinuntergehst, wirst du die Eskalaria nicht mehr nur als bunte Treppe sehen, sondern auch als lebendiges Tagebuch, das die Welt im Keramik erzählt.

00:06:24: Hast du schon mal von der Eskalaria Celadon gehört?

00:06:27: Dann lasst doch gerne einen Kommentar da, wo es möglich ist.

00:06:30: Und vergesst nicht, den Podcast zu abonnieren.

00:06:32: Dann hören wir uns nämlich morgen wieder.

00:06:34: Bis dann.

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